Collagen kennt man, mitunter zumindest. Häufig werden sie mit einem frankophilen Brühler Künstler verbunden, der die surrealistische
Bewegung mit einigem Ernst unterstützt hat.
Hilfreich für die Annäherung an die Collagen von Ulrike Zimmermann (-Reiring) ist indes (weil Collagen von Con-Legere kommt), die Reihe der
Bedeutung,
die der kleine Stowasser für legere vorsieht: Sammeln, Auswählen, Lesen.
Aus den vielen gesammelten, sauber ausgeschnittenen Formen, Bildsegmenten und Strukturen wählt die Künstlerin in Versuchsanordnungen
diejenigen Kompositionen aus, die eine Lesbarkeit im Sinne einer inhaltlichen und formalen Schlüssigkeit ergeben, ohne einen konkreten
benennbaren Zusammenhang zu illustrieren.
...so ist u zim, so wie sie die Bilder unterschreibt, mit Leichtigkeit gelungen, was bekannten Kunstkollegen oft misslingt:
Spaß und Ernst und Kunst und Leben
auf dasselbe Blatt zu kleben.

Jan van Theer, Düsseldorf

... Die Bilder der Ulrike Zimmermann - das geht mit dem ersten Blick auf - sind klare Bilder. Da gibt es nichts Undeutliches, Verschwommenes,
Unscharfes: an manchen Konturen könnte man sich schneiden. Da ist alles, was und wie es ist, in Form und Materie höchst gegenständlich,
keinesfalls abstrakt. Man könnte - hätte das Wort durch unbedachten Viel- und Fehlgebrauch nicht seine ursprüngliche Temperierung eingebüßt -
geradezu von Sachverhalten sprechen.
Ulrike Zimmermann fügt beharrlich Elemente zusammen, die, bis zum Zeitpunkt ihrer Annäherung, man könnte sagen: seit Anbeginn der Welt,
stets voneinander getrennt waren, worüber niemand sich jemals verwundert hätte; doch die sich dann, in ihrer Zusammenfügung, auf einmal
als so einander angehörig erweisen, als seien sie nie anders gemeint gewesen, ja: als bringe erst ihre Fügung ans Licht, was als Möglichkeit
schon immer in ihnen angelegt war und lange seiner Ent-Deckung entgegenwarten musste. Nun endlich dürfen sie ihr wertvolles Anderes
offenbaren, dass sie uns sonst im Alltag ihrer Einzelheit nie hätten zuwenden können...

Auszug aus der BILDREDE IV von Klaus Sellge, Köln

...Der terminus technicus für diese wundersame Art der dinglosen
Dingvermehrung lautet Frottage. Als Kinder haben wir auf diese Weise Zehnpfennigstücke vermehrt: ein Blatt Papier auf die Münze gelegt und mit
dem Bleistift drübergerieben, schon hatten wir die Seele des Zehnpfennigstückes aufs Papier gebannt: sein sichtbar Wesentliches, sein Typisches,
seine Form.
Nun gibt es Interessanteres als Geld. Vieles, sehr vieles noch findet sich vor in der Welt, das darauf wartet, seiner Zufälligkeit und Stofflichkeit
enthoben, ganz zu sich selbst, zu seiner reinen Form und damit erst wirklich zur Geltung zu kommen. Man muß nur sein Blatt Papier auf die Welt
legen, allerdings an die richtige Stellen. Und was dann zum Vorschein kommt, sich durchsetzt, ist eine von vielen Unwesentlichkeiten gereinigte
Welt, in der sich die Dinge so zeigen können, wie wir sie normalerweise nicht sehen: als ihr eigener Ausdruck, ihre geläuterte Form.
Es ist fast so, als befreite Ulrike Zimmermann die Dinge, wie sie eben mal so da sind, diese Zahnräder, Typenhebel, Sägeblätter, Wäsche-
klammern, genau von diesem eben-mal-so-da-Sein. Durch diesen Transfer erreichen sie eine andere Ebene von Existenz, ein Zwischen-Dasein
fast, als ob sie mitten auf dem Weg vom Geschehenen zum Gedachten, vom Ding zum Gedanken noch einmal Guten Tag sagen wollten, bevor sie
sich ins rein Intelligible auflösen, fast schon nicht mehr da...

Auszug aus NACHWORT, VOR BILD. Von Klaus Sellge, Köln

Katalog erschienen Anlässlich der Ausstellung: Goethe-Institut Düsseldorf Städtische Galerie Iserlohn